Appetit auf mehr
Die erste Gruppe absolvierte das Einkaufstraining. Überlegte genau, was in den Warenkorb und später in der Küche landen sollte. Dann folgte kneten, rühren, würzen - ein munteres Durcheinander herrschte am heutigen Donnerstagnachmittag in Calbe bei "St. Elisabeth": Am Ende stand mit den selbstgemachten "Tortellini mit Hackfleisch Spinatfüllung" das Wunschgericht auf dem Tisch. Abgeschlossen wurde damit ein Pilotprojekt der "DAK-Gesundheit" und der "ctm", bei dem Kindern und Jugendlichen des Caritas Kinder- und Jugendhilfeverbundes "St. Elisabeth" und den Bewohnern des gleichnamigen Caritas-Wohnheimes in Calbe (Saale) Theorie und Praxis der gesunden Ernährung vermittelt wurden.
"Wir haben gezeigt, dass sich leckere Speisen und eine gesunde Ernährung nicht ausschließen, dass es Alternativen zu Fertigprodukten, Süßigkeiten und Co. gibt, und dass man Naschereien nicht verteufeln, aber dosieren sollte", sagte Silke Zur vom Magdeburger Unternehmen "Bildung Zur Gesundheit", Kooperationspartner des Projektes. Die Ernährungstherapeutin und Diätassistentin war, seit Projektstart Anfang 2018, bei vielen Termine in den Einrichtungen und hatte stets Rezepte, Anleitungen und Quizfragen im Gepäck. Vor dem praktischen Teil, bei dem Kinder und Jugendliche sowie Bewohner diskutiert, geschnippelt, gekocht oder gebacken haben, stand die Schulung von Mitarbeitern aus verschiedenen Bereichen der Einrichtungen. Als "Multiplikatoren" setzen sie sich seither für die gesunde Ernährung ein, sensibilisieren und stehen allen mit Rat und Tat zur Seite. "Wichtig war uns beim Projekt immer, alle mit einzubeziehen - neben den Kindern, Jugendlichen und Bewohnern, auch unsere Teams und die Eltern und Angehörigen", sagte Constance Rotte beim Abschlusstermin. Zwar werde schon seit langem auf eine ausgewogene Ernährung geachtet, es gebe kaum Naschwerk oder süße Getränke, aber mit dem Pilotprojekt hätte man "noch tiefer ansetzen können", so die Einrichtungsleiterin.
Steffen Meyrich, Leiter der Landesvertretung Sachsen-Anhalt der "DAK-Gesundheit", ergänzte: "Uns liegt am Herzen, Essgewohnheiten und Handlungsmuster zu verändern, Wissen zu vermitteln, Eigenverantwortung zu stärken und nachhaltig die Gesundheit im Blick zu behalten." Das Gesunde-Ernährung-Konzept sei so wertvoll, weil es auf die unterschiedlichen Wohnformen und Fertigkeiten der Menschen eingehe, erklärte Kerstin Odenbach, "ctm"-Referatsleiterin Soziales. Dazu gehöre, darauf zu achten, dass einige der Bewohner Medikamente einnehmen, die mit Nebenwirkungen wie gesteigertem Appetit verbunden sind. In vier Gruppen lernten Bewohner, Kinder und Jugendliche bei thematischen Modulen unter anderem die Ernährungspyramide kennen: Welche Nahrungsbestandteile sind wichtig für unseren Körper? Antworten auf solche Fragen gab es auch beim praktischen Teil, zu dem auch das Einkaufen gehörte. Zur Sensibilisierung des Umfeldes wurden und werden Gruppengespräche geführt und abgeklopft, was bereits verändert werden konnte. In den nächsten Wochen erhalten Angehörige Einladungen zu Terminen, bei denen sie sehen und probieren, was ihre Schützlinge über vollwertige Kost gelernt haben.
"Bei dem Projekt mussten wir zwar viel lernen, aber das hat Spaß gemacht", sagte die 16-jährige Alisa Mack, die bei den meisten Koch- und Backterminen dabei war. Steffen Meyrich hörte so etwas gern und meinte: "Für uns ist es das erste Projekt dieser Art. Es vereint integrativ Menschen mit und ohne Einschränkungen, mit sozial stabilen und eher instabilen Umgebungen. Wir begleiten es sehr dicht und werden am Ende auswerten, wie es angekommen ist. Es macht auf jeden Fall Appetit auf mehr."